Interview mit Lars Strömbäck (Noctua CTO) zur Entwicklung des NF-A12x25 Lüfters

Interview mit Lars Strömbäck (Noctua CTO) zur Entwicklung des NF-A12x25 Lüfters



Noctua-News: Wie lange hat die Entwicklung des NF-A12x25 Lüfters gedauert? Was macht ihn für Noctua so besonders?

Lars Strömbäck (Noctua CTO): Der NF-A12x25 war unser bisher längstes und kompliziertestes Entwicklungsprojekt. Es hat über 4 Jahre gedauert und uns gezwungen, sowohl im Bereich Forschung und Entwicklung als auch bei der Fertigung nochmals gehörig nachzulegen. Um die unterschiedlichen Herausforderungen bei der Konstruktion und Herstellung in den Griff zu bekommen, haben wir unsere Methoden erheblich erweitern müssen. Beispielsweise nutzen wir nun zusätzliche modernste Messtechnik, haben ein komplett neues Messprotokoll etabliert und das neue Flüssigkristallpolymer Sterrox® entwickelt. All das und all die im Zuge des Projektes gewonnen Erkenntnisse fließen auch in andere Projekte ein – daher freuen wir uns nicht nur, dass wir diesen Lüfter nun endlich am Markt haben, sondern zugleich auch über die neuen Perspektiven, die sich damit im Hinblick auf zukünftige Entwicklungsprojekte eröffnen.

Noctua-News: Das klingt interessant. Können Sie uns Beispiele bezüglich der neuen Methoden im Bereich Forschung und Entwicklung nennen?

Lars Strömbäck (Noctua CTO): Beispielsweise haben wir begonnen, neue akustische Bildgebungsverfahren einzusetzen, mit denen wir Lärmmessungen direkt mit Bilder in Beziehung setzen können. So können wir tatsächlich sehen, wo genau auf einem Lüfterblatt oder am Rahmen des Lüfters welche Art von Lärm entsteht. Dies hat sich insbesondere für die Feinabstimmung von Konstruktionen als hilfreich erwiesen, nämlich wenn es darum geht, dass das Frequenzspektrum für das menschliche Ohr so angenehm wie möglich klingen soll. Da wir jetzt direkt visualisieren können, wo unerwünschte tonale Frequenzspitzen entstehen, lassen sie sich auf der Konstruktionsebene deutlich einfacher vermeiden. Darüber hinaus verwenden wir nun Laser Doppler Vibrometer zur kontaktlosen Vibrationsmessung. Dies hat sich als Schlüsselfaktor bei der Vermeidung minimaler modaler Oberflächenvibrationen und durch sie bedingter unerwünschter Resonanzgeräusche erwiesen. Solche Phänomene mit normalen Sensoren zu messen, ist äußerst schwierig, da ein auf dem Lüfterblatt befestigter Sensor dessen Schwingungsverhalten beeinflusst und man somit irreführende Messergebnisse erhält. Mit der neuen berührungslosen Laser-Messung können wir hingegen auf einem Mikrolevel arbeiten, das bisher gänzlich durch die Masse der Sensoren verschleiert wurde. So lässt sich in diesem Bereich nun noch viel mehr Feintuning betreiben.





Noctua-News: Wenn man sich die Förderleistungs-, Druck und Lärm-Spezifikationen des NF-A12x25 ansieht, scheint er eine Zwischenstellung zwischen dem druckoptimierten NF-F12 und dem förderleistungsoptimierten NF-S12A einzunehmen. Ist das korrekt? Bleiben alle drei Modelle in der Produktpalette?

Lars Strömbäck (Noctua CTO): Dieser Schluss liegt beim Blick auf die Spezifikationen tatsächlich nahe, ist jedoch nicht ganz korrekt. Richtig ist, dass bei vergleichbaren Schalldruckpegeln im freien Betrieb der NF-F12 einen höheren Maximaldruck als der NF-A12x25 erzielt und der NF-S12A eine höhere maximale Förderleistung. Man muss sich jedoch bewusst machen, was diese Spezifikationen eigentlich bedeuten und dass sie für die tatsächliche praktische Anwendungsszenarien nur sehr bedingt relevant sind. Etwas vereinfacht gesagt kann man sich die Messung des Maximaldrucks so vorstellen, dass der Lüfter direkt gegen eine geschlossene Wand bläst, und jene der maximalen Förderleistung so, dass der Lüfter komplett offen in der Luft hängt, anstatt auf etwas oder in etwas hinein zu blasen. Keine der beiden Situationen kommt üblicherweise in praktischen Anwendungen vor, wo der Lüfter stets gegen einen gewissen Strömungswiderstand arbeitet, aber niemals gegen 100% Widerstand oder ohne jeglichen Widerstand. Daher muss man sich zunächst einmal die komplette P/Q-Kennlinie des Lüfters ansehen, also jene Kurve, die das Verhältnis von Druck zu Förderleistung beschreibt, um eine ungefähre Vorstellung von seiner Leistungsfähigkeit zu bekommen. Dabei sieht man im Falle des NF-A12x25 sofort, dass zwar Maximaldruck und maximale Förderleistung nicht herausragend sind, der mittlere Bereich der Kurve aber extrem stark ist, und genau deshalb bietet er in den meisten typischen Applikationen bessere Resultate als die Modelle NF-F12 und NF-S12A. Darüber hinaus gilt es zu beachten, dass die Situation bei den Lärmspezifikationen ähnlich ist: Die Spezifikationen beziehen sich auf einen komplett offenen Aufbau ohne Strömungswiderstand, aber worauf es eigentlich ankommt, ist wie der Lüfter klingt, wenn man ihn in einem Gehäuse, auf einem Kühler oder auf einem Radiator montiert hat. Viele Kunden haben schon die Erfahrung gemacht, dass ein Lüfter im freien Betrieb angenehm klingt und in der jeweiligen Applikation deutlich unangenehmer. Alles in allem ist die Aussagekraft von Spezifikationen zu Förderleistung, Druck und Geräuschentwicklung also generell beschränkt und der neue NF-A12x25 liefert in den meisten Anwendungen bessere Ergebnisse als der NF-F12 und NF-S12A.





Noctua-News: Bleiben also alle drei Modelle in der Produktpalette?

Lars Strömbäck (Noctua CTO): Ja. Wir sind zwar davon überzeugt, dass der NF-A12x25 für praktisch alle Anwendungen die beste Wahl darstellt, aber der NF-F12 und NF-S12A sind nach wie vor ausgezeichnete, bewähre Lüfter und bleiben daher Teil unserer Produktpalette. Zehntausende Kunden sind mit diesen Modellen sehr zufrieden und werden sie wohl weiterhin kaufen wollen. Hinzu kommt, dass der NF-A12x25 zwar unser bis dato bester, zugleich aber auch unser teuerster 120mm Lüfter ist. Leider ist das neue Sterrox® Material, das wir für den Rotor verwenden, etwa vier mal so teuer wie das glasfaserverstärkte PBT, das bei Lüftern wie dem NF-F12 oder NF-S12A zum Einsatz kommt. Überdies verfügt der NF-A12x25 über eine Stahlverstärkung im Nabenbereich mit zusätzlicher Messingversteifung der Achsaufnahme und nicht zuletzt ist die Fertigung aufgrund der deutlich strikteren Toleranzen erheblich teurer. All das schlägt sich leider auf die Produktionskosten nieder.

Noctua-News: Können Sie erklären, warum all diese zusätzlichen Maßnahmen erforderlich waren?

Lars Strömbäck (Noctua CTO): Kurz und knapp gesagt, weil wir einen extrem engen Laufradspalt gewählt haben und aufgrund der Kriechdehnung des Rotors: Während der Abstand zwischen den Lüfterblättern und dem Rahmen bei den meisten 120mm Lüftern über 1mm beträgt, haben wir beim NF-A12x25 nur 0.5mm. Aufgrund der Zentrifugalkräfte und der Spannungen im Kunststoff werden Lüfter über mehrere Jahre Betriebszeit etwas größer. Das ist kein Problem, solange der Abstand zwischen Lüfterblättern und Rahmen entsprechend groß ist, aber bei einem engeren Laufradspalt wird es kritisch, und deshalb benötigen wir bei der Produktion des NF-A12x25 eine weitaus höhere Fertigungspräzision. Selbst minimale Kriechdehnung, Deformation oder Unwucht wären fatal.

Noctua-News: Welche Vorteile bringt die Verwendung so eines engen Laufradspaltes? Zahlt sich der Mehraufwand wirklich aus?

Lars Strömbäck (Noctua CTO): *lacht* Nun, alleine die Probleme im Fertigungsbereich zu lösen hat uns mehr als ein Jahr gekostet, und da gab es natürlich schon Momente, wo wir uns gefragt haben, ob es das alles wirklich wert ist... Bei Noctua streben wir jedoch immer danach, die Grenzen des technisch Machbaren zu erweitern und die bestmögliche Lösung zu liefern. Wir sind davon überzeugt, dass unsere Kunden das zu schätzen wissen, und das rechtfertigt letztlich den Aufwand. Technisch gesehen ist der Grund, warum man so einen engen Laufradspalt wählt, dass wenn der Lüfter gegen Staudruck arbeitet, wie z.B. auf Kühlern oder Radiatoren, immer etwas Luft durch diesen Spalt zwischen Lüfterblättern und Rahmen zurückfließt. Je enger der Spalt ist, desto weniger dieser Leckströme entstehen. Eine Verringerung des Laufradspaltes trägt dahingehend maßgeblich dazu bei, auf Kühlern und Radiatoren eine bessere Leistung zu erzielen.

Noctua-News: Der NF-A12x25 sieht gänzlich anders aus als Noctuas bisherige 120mm Lüfter. Warum ist das so und wie verhält sich der grundlegende Konstruktionsansatz zu beliebten Modellen wie dem NF-F12 oder NF-S12A?

Lars Strömbäck (Noctua CTO): Ja, wir haben für den NF-A12x25 einen komplett anderen Ansatz gewählt und uns für eine neunblättrige Konstruktion mit starker Neigung und Krümmung entschieden. Die Grundzüge der Blattgeometrie basieren auf den Erkenntnissen, die wir mit den anderen Modellen der A-Serie gewonnen haben und wie bei diesen war es das Ziel, in praktisch jeder denkbaren Anwendung eine ausgezeichnete Silent-Kühlleistung zu erreichen – ganz egal ob es sich um ein PC Gehäuse oder einen Radiator handelt. Der NF-F12 und der NF-S12A sind im Gegensatz dazu sehr spezifisch optimiert, nämlich im Falle des NF-F12 auf hohen statischen Druck für Kühler und Radiatoren und im Falle des NF-S12A für maximale Förderleistung. Es handelt sich also um eng fokussierte Lösungen, wohingegen der NF-A12x25 wie die anderen Modelle der A-Serie ein echter Allrounder ist. Das bedeutet jedoch nicht, dass es sich um einen Kompromiss handelt, ganz im Gegenteil. Dank der Integration unserer neuesten Technologien bietet der NF-A12x25 auf Radiatoren deutlich bessere Leistungen als der NF-F12 und schneidet auch als Gehäuselüfter zumindest gleich gut ab wie der NF-S12A.

Noctua-News: Als der NF-A12x25 auf der Computex 2017 am Noctua Stand gezeigt wurde, hatten einige Besucher den Eindruck, dass er auf den ersten Blick ähnlich aussieht wie einige Konkurrenzprodukte, beispielsweise der Nidec Gentle Typhoon. Können Sie dazu etwas sagen?

Lars Strömbäck (Noctua CTO): Der grundsätzliche Konstruktionsansatz mit neun stark geneigten und gekrümmten Lüfterblättern hat natürlich Übereinstimmungen mit anderen Lüftern und lässt sie auf den ersten Blick ähnlich aussehen. Das ist auch nicht weiter verwunderlich, da dieser grundsätzliche Konstruktionsansatz einer der vielversprechendsten, bewährtesten Ausgangspunkte für die Entwicklung leistungsfähiger Ventilatoren im 120x25mm Format ist, die eine möglichst starke, stabile P/Q-Kennlinie haben sollen. Wenn man sich die Sache jedoch etwas genauer ansieht, ist es mit den Ähnlichkeiten schnell vorbei und was Schlüsselparameter wie die spezifische Geometrie, Profilierung, Sehnenlängen und Krümmung betrifft, unterscheidet sich der NF-A12x25 grundlegend von allen anderen Lüftern am Markt. Sobald man die 3D CAD Zeichnungen des NF-A12x25 über jene eines anderen Lüfters wie z.B. des Nidec Gentle Typhoon projiziert, wird das sofort deutlich. Im Detail betrachtet, sind die Blattgeometrien vollkommen unterschiedlich und eben diese Details sind es, die so schwierig zu konstruieren sind und für deren Feinabstimmung so ein hoher Entwicklungsaufwand erforderlich ist. Denken Sie zum Vergleich an Flugzeuge: Ein Airbus 380 mag für den Laien auf den ersten Blick ähnlich aussehen wie eine Boeing 747 und sie sind auch tatsächlich in vielerlei Hinsicht ähnlich (Tiefdecker, gepfeilte Flügel, 4 Strahltriebwerke, Leitwerk am Rumpf, etc.), aus dem einfachen Grund, dass sie für ähnliche Zwecke konstruiert wurden. Sobald man jedoch etwas eingehender zu vergleichen beginnt, zeigt sich, wie unterschiedlich die jeweiligen konstruktiven Lösungen eigentlich sind. Ähnlich ist das auch beim NF-A12x25: auf den ersten Blick mag er ähnlich wirken wie andere Lüfter, aber es handelt sich um eine komplett neue, von Grund auf eigenständige Konstruktion.







Noctua-News: Haben Sie analysiert, wie der NF-A12x25 leistungsmäßig im Vergleich zu anderen Lüftern abschneidet, die auf den ersten Blick ähnlich aussehen?

Lars Strömbäck (Noctua CTO): Wenn wir einen neuen Lüfter entwickeln, ist es stets unser Ziel, das beste Verhältnis von Leistung zu Lautstärke am Markt zu bieten. Dazu müssen wir uns natürlich genau ansehen, was der Markt zu bieten hat. Die Ergebnisse bekräftigen, was ich gerade erklärt habe: Es gibt eine ganze Reihe von Modellen unterschiedlicher Hersteller, die auf den ersten Blick ähnlich aussehen, aber bei der Leistung gibt es enorme Unterschiede. Das liegt daran, dass ein Lüfter erst durch die unscheinbaren Details und deren Optimierung ein guter Lüfter wird, nicht durch den basalen Konstruktionsansatz. Von allen Lüftern, die man als ähnlich aussehend bezeichnen könnte, war der Nidec Gentle Typhoon der stärkste Konkurrent, aber wir sind davon überzeugt, dass unsere Konstruktion leicht überlegen ist. In unseren Tests auf einer handelsüblichen 2 Zoll All-In-One Wasserkühlung bei 200W Hitzelast lag der NF-A12x25 mit der mitgelieferten Dichtlippe und auf das gleiche Geräuschniveau eingestellt je nach Drehzahlbereich etwa 0,3 bis 0,6°C vor dem Nidec Modell. Zudem läuft unser SSO2 Premium-Lager praktisch lautlos, wohingegen das Kugellager des Nidec Lüfters relativ unangenehm klingt und bei niedrigeren Drehzahlen klar hörbar wird. Nicht zuletzt verfügt der Nidec Lüfter, anders als der NF-A12x25 mit seinen integrierten Silikonpuffern und der Dichtlippe, über keinerlei Anti-Vibrations-Befestigung und überträgt daher Vibrationen und Resonanzen auf den Radiator und das Gehäuse. Alles in allem sind wir überzeugt, dass der NF-A12x25 der beste derzeit erhältliche 120mm Lüfter ist.

Noctua-News: Abgesehen von der unterschiedlichen Blattegeometrie scheint der NF-A12x25 einen etwas anderen Braunton und eine etwas andere Oberflächentextur zu haben als andere Noctua Lüfter. Woran liegt das?

Lars Strömbäck (Noctua CTO): Ja, bei der sichtbaren Textur handelt es sich um die glasfaserverstärkte Kristallstruktur des Sterrox® LCP-Materials. Das neue Material zu färben ist generell schwierig und die Kristallstruktur scheint immer ein wenig durch, weshalb das Material etwas texturierter wirkt als die homogene Farbe unserer PBT- oder PA-basierten Lüfter. Die Beimischung von Farbpartikeln verändert die physikalischen Eigenschaften des Materials und wie ich schon erklärt habe, benötigen wir bei der Herstellung des NF-A12x25 extreme Fertigungspräzision – die Möglichkeiten bei der Farbgebung sind daher etwas eingeschränkt. Wofür wir uns letztlich entschieden haben, ist jener Farbton, der uns in technischer Hinsicht die besten Ergebnisse gegeben hat und gleichzeitig noch klar als Noctua Lüfter erkennbar ist. Es wirkt ein bisschen anders als unser üblicher Braunton, aber letztendlich ist es in unseren Augen eine nette Sache, dass der Kunde sofort sieht, dass es sich um ein neues, andersartiges Material handelt. Gewissermaßen werden damit all die Forschung und der Entwicklungsaufwand visualisiert, die in diesen Lüfter geflossen sind.

Noctua-News: Ein weiterer Aspekt, der beim NF-A12x25 etwas anders wirkt sind die Inner Surface Microstructures. Sie scheinen deutlich kleiner zu sein als bei den bisherigen Modellen. Gibt es dafür einen besonderen Grund?

Lars Strömbäck (Noctua CTO): Ja, das ist richtig. Da der Laufradspalt beim NF-A12x25 so viel enger ist, benötigen wir auch nur eine wesentlich dünnere Grenzschicht an der Rahmeninnenseite, um den gewünschten aerodynamischen Effekt zu erzielen, dass sich die Blattspitzen innerhalb dieser Grenzschicht bewegen und sich damit Wirbelablösungen von den Blattspitzen reduzieren. Deshalb sind die Inner Surface Microstructures beim NF-A12x25 kleiner.

Noctua-News:: Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben, unsere Fragen zu beantworten.

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