NF-A12x25: technische Hintergründe und Herausforderungen bei der Fertigung

NF-A12x25: technische Hintergründe und Herausforderungen bei der Fertigung

Mit einer Entwicklungszeit von mehr als 4,5 Jahren, mehr als 200 CNC-gefrästen Prototypen und einem Projektvolumen, das jenes der Vorgängermodelle NF-F12 und NF-S12A zusammengenommen übersteigt, handelt es sich beim NF-A12x25 um Noctuas bis dato aufwändigste Lüfterentwicklung. Eine der wichtigsten Konstruktionsmaßnahmen, die es dem NF-A12x25 gestatten, das Leistungsniveau seiner renommierten Vorgänger nochmals zu verbessern, ist sein herausragend enger Laufradspalt (die Distanz zwischen den Spitzen der Lüfterblätter und der Innenseite des Lüfterrahmens): Während die meisten 120mm Lüfter einen Laufradspalt von mindestens 1,5 bis 3mm aufweisen, setzt der NF-A12x25 mit einem super-engen Spalt von nur 0.5mm neue Maßstäbe. Durch diese hochambitionierte Konstruktionsweise kann der Lüfter noch effizienter gegen Staudruck (wie beispielsweise auf Kühlkörpern und Radiatoren) arbeiten, weil Leckströme durch den Laufradspalt reduziert werden. Zugleich ergeben sich damit jedoch neue Herausforderungen im Bereich der Fertigung.

Für die Herstellung eines Lüfters mit einem Laufradspalt von nur 0.5mm ist nicht nur generell eine weitaus höhere Fertigungspräzision erforderlich, sondern es müssen darüber hinaus Kriechphänomene berücksichtigt werden, die bei Lüftern mit größerem Laufradspalt unproblematisch sind. Da die Masse des Laufrades bei Axialventilatoren durch die Zentrifugalkräfte nach außen gezogen wird, kommt es nach längeren Betriebszeiten und Temperaturzyklen zu einer sogenannten Kriechdehnung, durch die sich der Durchmesser des Laufrades minimal erhöht.




Beispielsweise kann sich der Durchmesser des Laufrads eines typischen, aus handelsüblichem PBT gefertigten 120mm Lüfters durch dieses Phänomen nach mehreren Jahren Betriebszeit um bis zu 0.2mm vergrößern. Während Kriechphänomene dieser Art bei einem Lüfter mit größerem Laufradspalt (z.B. 2mm) nicht weiter von Belang sind, werden sie bei einem Laufradspalt von nur 0,5mm zu einem zentralen Problem, da selbst eine Kriechdehnung von 0,2mm in Kombination mit minimaler Vibration oder Unwucht zu einem Kontakt der Lüfterblätter mit dem Rahmen führen könnte.

Noctua begegnet diesen Herausforderungen mit einem Bündel von Maßnahmen, die den NF-A12x25 aus fertigungstechnischer Hinsicht zum bis dato fortschrittlichsten und aufwändigsten Lüfter des Unternehmens machen. Zunächst wird das Zentralstück der Motornabe komplett aus Stahl gefertigt, um die äußere Kunststoffstruktur zu verstärken. Die Achsaufnahme ist ihrerseits zusätzlich mit einem Messingeinsatz verstärkt, was für eine weitere Versteifung der neuralgischen Verbindung von Achse und Laufrad sorgt. In Kombination lassen sich durch diese beiden Maßnahmen niedrigere Toleranzen und höhere Stabilität im kritischen Bereich der Motornabe erzielen.





Den entscheidenden Schlüssel zur Lösung der Kriechdehnungsproblematik lieferte jedoch erst die Entwicklung von Sterrox®, einem neuartigen Material aus der Familie der Flüssigkristallpolymere (engl. Liquid-Crystal Polymers, kurz LCP), das eine deutlich höhere Dimensionsstabilität und niedrigere Kriechdehnung aufweist als konventionelle thermoplastische Kunststoffe wie ABS, PA, PBT oder PC. Der Name Sterrox® ist vom griechischen Wort στερρός abgeleitet, das so viel wie starr, hart, fest oder standhaft bedeutet.





Flüssigkristall-Polymere verfügen über bemerkenswerte chemische und mechanische Eigenschaften wie hohe Zugfestigkeit und Umweltstabilität, die sie insbesondere für anspruchsvolle Anwendungen im Medizin- und Militärbereich attraktiv machen, bei denen die hohen Materialkosten (etwa viermal so hoch wie PBT) kein Problem darstellen. Das wohl bekannteste LCP-Material ist Kevlar, das ein hervorragendes Verhältnis von Festigkeit zu Gewicht bietet und daher in Produkten wie kugelsicheren Westen, Kampfhelmen oder Gefechtsanzügen zum Einsatz kommt.

Die außergewöhnliche mechanische Stabilität von LCP-Materialien ist durch ihre besondere molekulare Struktur bedingt: während konventionelle, nicht flüssigkristalline Polymere sowohl in der Schmelze als auch im ausgehärteten Zustand eine weitestgehend chaotische molekulare Kettenstruktur aufweisen, haben thermotrophe Flüssigkristallpolymere wie Sterrox® bereits im geschmolzenen Zustand eine relativ geordnete, stäbchenförmige Molekülstruktur, die zu einer hochfesten, extrem steifen Kettenanordnung aushärtet, was diesen Materialien ihre überlegenen mechanischen Eigenschaften verleiht.





Bei Sterrox® handelt es sich um Noctuas eigenen, maßgeschneiderten Typ von glasfaserverstärktem LCP, der spezifisch für die Verwendung zur Fertigung von Lüftern der nächsten Generation wie dem NF-A12x25 angepasst wurde. Durch seine extreme Zugfestigkeit, einen besonders niedrigen Wärmeausdehnungskoeffizienten sowie hohe Umweltstabilität und hervorragende Dimensionsstabilität konnten Kriechdehnungsphänomene des Rotors auf ein Niveau reduziert werden, das bei der Verwendung von PBT oder PA undenkbar wäre.





Neben der Ermöglichung von Lüfterkonstruktionen mit deutlich engerem Laufradspalt bietet Sterrox® einen zweiten entscheidenden Vorteil gegenüber anderen Materialien: Der Werkstoff verfügt über einen Elastizitätskoeffizient und Dämpfungseigenschaften, die sich perfekt zur Reduktion von Resonanz- und Vibrationsphänomenen bei fortschrittlichen Lüfterblattgeometrien wie jener des NF-A12x25 eignen. Insbesondere ermöglicht die Verwendung von Sterrox® die Unterdrückung von Vibrationsmoden an der Oberfläche der Lüfterblätter (engl. blade surface mode vibrations): Da das Laufrad eines Lüfters über eine Eigenfrequenz mit entsprechenden Resonanzmoden verfügt und beim Betrieb durch den turbulenten Luftstrom Vibrationsenergie auf die Lüfterblätter übertragen wird, kommt es zu resonanten Vibrationen.





Diese Oberflächenvibrationen sind so minimal, dass sie – anders als etwa durch Unwucht bedingte Vibrationen – aus mechanischer Hinsicht unproblematisch sind, doch sie können zu schwerwiegenden akustischen Problemen führen. Der Grund dafür liegt in dem beim Betrieb des Lüfters entstehenden Druckgefälle zwischen der Einlass- und der Auslassseite (niedriger Druck an der Oberseite der Lüfterblätter, hoher Druck an der Unterseite der Lüfterblätter). Aeroakustisch betrachtet, ähnelt diese Situation einem HiFi-Lautsprecher, bei dem innerhalb des Gehäuses hoher Druck und außerhalb des Gehäuses niedriger Druck herrscht. In beiden Fällen entsteht durch das Druckgefälle eine effektive akustische Kopplung, aufgrund derer die Oberflächenvibration der Lüfterblätter bzw. der Lautsprechermembran auf die Luft übertragen wird. Während dieser akustische Effekt im Falle des Lautsprechers erwünscht ist, kommt es bei der Feinabstimmung des Geräuschprofils fortschrittlicher Lüfterblattkonstruktionen auf die Vermeidung dieses Phänomens an – und eben dies lässt sich durch die erhöhte Steifigkeit und verbesserte Dämpfungscharakteristik von Sterrox® bewerkstelligen: Vergleicht man die gleiche Lüfterblattkonstruktion, einmal aus PBT und einmal aus Sterrox® gefertigt, und misst deren Oberflächenvibrationen mittels eines kontaktlosen Laser Doppler Vibrometers (LDV), zeigt sich, dass der aus Sterrox® gefertigte Rotor die gleiche Vibrationsanregung deutlich schneller zu dämpfen vermag.





Umgelegt auf den realen Betrieb bedeutet dies, dass weniger Vibrationen von der turbulenten Luftströmung auf die Lüfterblätter transferiert und folglich auch weniger modale Vibrationen in der Form von Lärm zurück auf die Luft übertragen werden, was erheblich zum angenehm ruhigen Geräuschprofil des NF-A12x25 beiträgt.





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